Arbeitsvorhaben
Schutzzonen
Vor 25 Jahren, im Juli 1995, ermordeten serbische Milizen bei Srebrenica in Bosnien-Herzegowina über 8000 Menschen. Europa, die Welt schaute zu. Seit Srebrenica gelten Schutzzonen als diskreditiert. Doch die Idee der Schutzzone scheint ein Comeback zu erleben. Als die Türkei 2019 in die nordsyrischen Kurdengebiete einmarschierte, schlug Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer eine „international kontrollierte Sicherheitszone“ vor. Die Bundeskanzlerin fand die Idee „allemal wert, dass man versucht, sie umzusetzen.“
Was können Schutzzonen leisten? Das humanitäre Völkerrecht verpflichtet Konfliktparteien unter allen Umständen, Zivilist:innen, Verwundete und Kranke zu schützen. Schutzzonen sind eine Option, Leben zu retten, wenn – wie in Srebrenica, in Syrien oder im Südsudan – eine oder mehrere Konfliktparteien ihre völker- und menschenrechtlichen Pflichten systematisch verletzen. Unter welchen Umständen das Völkerrecht robusten Schutz zulässt und was umsetzbar ist, ist allerdings umstritten. Klarheit zu schaffen ist Grundvoraussetzung für eine politische Abwägung, wenn die Idee das nächste Mal auf den Tisch kommt.
Schutz- oder Sicherheitszonen, Flugverbots- oder Pufferzonen können extremes Leid wenigstens teilweise lindern und Massenvertreibung eindämmen. Für begrenzte Räume können sie einen partiellen Schutz bieten, vor bestimmten Waffen oder für bestimmte bedrohte Gruppen, wenn die nötigen Voraussetzungen gegeben sind. Erfolgreich im Nordirak 1991, gescheitert in Bosnien 1995, erfolgreich im Südsudan seit 2014 und in der Ukraine seit 2015, bislang gescheitert in Syrien: Schutzzonen können, anders als die Erinnerung an Srebrenica 1995 nahelegt, Leben retten – aber nur dann, wenn die Mittel und der politische Wille der Garantiemächte den Herausforderungen gewachsen sind.