3. Juli 2024
Parlamentarisches Konsultationsgespräch zur Weiterentwicklung der Krisenleitlinien
Die Leitlinien der Bundesregierung „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ sind Ausdruck des friedenspolitischen Leitbildes der Bundesregierung und wurden 2017 verabschiedet. Ihre in diesem Jahr anstehende Weiterentwicklung, die der Beirat beratend begleitet, trägt der Zeitenwende sowie dem Zeitalter neuer Realitäten und nicht-traditioneller Sicherheitsrisiken Rechnung.
Zum Stand dieser Überarbeitung der Leitlinien diskutierte der Beirat auf Einladung von MdB Ottmar von Holtz und MdB Rainer Semet mit Abgeordneten und Ressortvertreter:innen im Bundestag. Die Veranstaltung wurde moderiert von den Co-Vorsitzenden des Beirats. Ziel des Konsultationsgespräches war es, zu einer inhaltlich tiefergehenden Diskussion einzuladen, sodass auch die Perspektiven und Expertise der Abgeordneten direkt in den Weiterentwicklungsprozess der Leitlinien einfließen können.
In seinem einführenden Statement zum Stand der Weiterentwicklung betonte Staatsminister des Auswärtigen Amtes Dr. Tobias Lindner die Wichtigkeit der Nachjustierung der Leitlinien und des Primats der Krisenprävention auch in Angesicht der Haushaltslage. Dazu machte er deutlich, dass jeder in die zivile Krisenprävention investierte Euro zahlreiche nach dem Ausbruch einer Krise erforderliche höhere Investitionen im Bereich des militärischen Engagements und der Eindämmung einer Krise um ein Mehrfaches einspare und dass ein integriertes Friedens- und Sicherheitsverständnis daher handlungsleitend bleibe.
Hinsichtlich des Weiterentwicklungsbedarfs erklärten die Co-Vorsitzenden des Beirats LKD a.D. Dipl. Krim. Lars Wagner und Dr. Kira Vinke, dass es kein Erkenntnisdefizit im Bereich ziviler Krisenprävention gebe, sondern ein deutliches Umsetzungsdefizit. Evaluationen und klarere Zieldefinitionen tragen zwar zu den vielen Erkenntnissen bei, doch dieselbe Kapazität, die in die Strategieausarbeitung gesteckt werde, brauche es auch in der praktischen Umsetzung. Einmal mehr zeigte der Beirat damit die Relevanz von klaren Planzielen in der Weiterentwicklung der Strategie auf.
„Der Beirat begrüßt sowohl die Nationale Sicherheitsstrategie als auch den Weiterentwicklungsprozess der Leitlinien. Bei beidem lässt sich sagen: Das Konzept stimmt, aber die Frage nach der Umsetzung bleibt weiter offen. Ohne die Festlegung von Budget sowie Personalstärken für Deutschlands ziviles Engagement und damit verbundener verpflichtender Evaluationen, wird es den Leitlinien, genau wie der Sicherheitsstrategie, an der erforderlichen Umsetzungskraft für die jeweiligen Ziele fehlen.“, stellte Lars Wagner weiter klar.
In diesem Zuge betonte auch Beiratsmitglied Dr. Sonja Schiffers die Dringlichkeit der Bereitstellung klar definierter Ressourcen, Gelder sowie Personal in z.B. Botschaften. Doch das genüge nicht, es bedürfe auch besserer politischer Koordination der eingesetzten Mittel, was ebenfalls nur auf Basis klarer Planzieldefinitionen erfolgen könne. Der ehemalige Co-Vorsitzende des Beirats Winfried Nachtwei verwies außerdem auf die Rolle nationaler Implementierungspläne, die gemäß der CSDP der EU eingeplant und gefordert sind.
MdB Michael Müller stimmte dem positiven Stand der deutschen Erkenntnislage im Bereich ziviler Krisenprävention zu, kritisierte aber ebenfalls die fehlenden darüberhinausgehenden Initiativen Deutschlands. Er schlug vor, Deutschlands Fokus auf internationale bzw. multilaterale Formate für gemeinsame Präventionsarbeit zu stärken. Man müsse solche Formate finden oder ermöglichen und so verstärkt versuchen, in internationaler Zusammenarbeit frühzeitig zu agieren. Deutschland sollte hierbei mehr Initiative zeigen und vorangehen.
Zur Frage nach dem Stand der Umsetzung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Planzieldefinitionen wurde seitens der Abgeordneten auf dazu noch erforderliche Nachfragen verwiesen. MdB Christoph Schmidt führte in diesem Zusammenhang auch die schwierige Situation aufgrund der Haushaltslage, die seriöse Zusagen erschwere. Er plädierte dennoch für die Notwendigkeit von Priorisierungen von Regionen mit Blick auf die zu definierenden Planziele. Hinsichtlich der ausstehenden Definition von Planzielen schlug der Co-Vorsitzende des Beirats Lars Wagner im Anschluss an das Konsultationsgespräch als ersten Schritt die Einrichtung einer Arbeitsgruppe vor.
Zivile Krisenprävention ist und bleibt eine ressortübergreifende Aufgabe, deren integrierter Ansatz weiterhin der richtige ist, stellten auch die Ressortvertreter:innen im Konsultationsgespräch klar. Aber nur durch eine stärkere Einbindung der Themen Evaluation und Planzieldefinition können die überarbeiteten Leitlinien nachhaltig als wirksames Instrument dienen, um stärkere Wirkung im Bereich der Bewältigung langfristiger Krisen zu erreichen und so perspektivisch ursachenorientiert und dem Primat der Prävention folgend frühzeitig, möglichst vor dem Ausbruch von Krisen, präventiv zu wirken.